Zentrale Gedenkstätte am Bahnhofsvorplatz nach dem Entwurf des Künstlers Clas Steinmann, 2014 

Volksgartenstraße 12

Dezentrale Gedenkorte

Volksgartenstraße 12: Zum Gedenken an 91 jüdische Männer, die im Volksgarten zusammengetrieben und verhaftet wurden

Sachtafel an der heutigen Festhalle, ehemaliger Volksgarten

Die Sachtafel wurde am 20. November 2016 angebracht unter Beteiligung von Schulklassen der Berufsbildenden Schule BBS, der Realschule Kirchberg und der Matzenbergschule, die Beiträge erarbeitet hatten und auf der Veranstaltung vorlasen. Insgesamt waren rund 60 Schüler beteiligt. Im Voraus fand eine Erarbeitung der Quellen im Stadtarchiv statt. Die Klasse der Matzenbergschule beschäftigte sich mit den Erinnerungen von Ellen Schwerin. Die Kirchbergschule beschäftigte sich mit den Misshandlungen im Postgebäude und den Vorgängen im Volksgarten und trug Teile eines Augenzeugenberichts von Werner Geisinger vor. Die BBS beschäftigte sich mit der Verhaftung und Abschiebung nach Frankreich sowie der Deportation nach Dachau während und nach dem Novemberpogrom. 

Zum Gedenken an 91 jüdische Männer, die im Volksgarten zusammengetrieben und verhaftet wurden
von Karola Streppel

Volksgarten und Volksgartenhalle, 1939, Bildsammlung © Stadtarchiv Pirmasens


In der Nacht vom 9. auf den 10. November wurden 91 jüdische Männer und Jugendliche im Alter von 16 bis 74 Jahren aus ihren Häusern heraus oder auf der Straße verhaftet und im Volksgarten zusammengetrieben. Einige waren vorher im Keller der damaligen Post schwer misshandelt worden. 

Im Volksgarten wurden insgesamt 55 jüdischen Männern bis auf 10 Reichsmark Geld und Wertgegenstände abgenommen. Frauen und Kinder konnten kurze Zeit Essen in den Volksgarten vorbei bringen.

Alfred Schwerin beschreibt in seinem Buch: "Von Dachau bis Basel" (siehe Auszüge im Anhang) die Ereignisse dieser Tage und was sie auch für seine damals 11-jährige Tochter Ellen bedeutet haben. Auch ein Bericht der damals 16 und 18 Jahre alten Brüder Wolff liegt vor (siehe: "Zusammenfassung des Berichts von Charles Wolff" im Anhang).

Noch am 10.11.1938 wurden die Gefangenen „durch das Spalier einer johlenden Kinderschar“ in zwei Postbussen an die französische Grenze gebracht und nach Frankreich abgeschoben. Da sie ohne Pässe waren, brachten französische Beamte sie wieder zurück an die deutsche Grenze. Von hier aus erfolgte von Schweix aus ein nächtlicher Gewaltmarsch zurück zum Volksgarten. Am 11.11.1938 wurden über 60-jährige und schwer Kranke bzw. Verletzte nach Hause entlassen. 45 wurden vom Volksgarten aus nach Ludwigshafen zu einem Transport ins Konzentrationslager Dachau verbracht. 44 wurden dort in der Zeit vom 10.11.-15.11.1938 registriert.

Die Brüder Hans (16 Jahre) und Karl (23 Jahre) Wolff mussten miterleben, wie ihr Vater, Max(imilian) Wolff, an den Folgen der Strapazen und Erniedrigungen verstarb. Walter Levy und Theo Dreifus waren erst 16 Jahre alt. Werner Dreifus war 21 Jahre alt. Bis Mitte Dezember 1938 bzw. kurz vor Weihnachten wurden die meisten jüdischen Gefangenen wieder nach Pirmasens entlassen. Viele stellten Ausreiseanträge oder versuchten, wenigstens einige ihrer Kinder mit den Kindertransporten nach England oder Frankreich zu retten.